Wie Arbeitssicherheit innovativer macht
Jeder Mensch besitzt eine innovative Kraft, sie gehört nur entfesselt. Doch wie hilft die hauseigene Innovationsabteilung dabei?
Wenn von Innovation die Rede ist, sind meist Produktinnovationen oder marktverändernde Geschäftsmodelle gemeint. Innovationen innerhalb der Organisation werden dabei häufig vergessen. Sie entstehen in internen Projekten, beispielsweise, um die Arbeitssicherheit zu erhöhen. In ihnen steckt viel Potenzial.
Arbeitssicherheit als interner Innovationstreiber
In Projekten, die beispielsweise zur Sicherheit, Gesundheit oder dem Wohlbefinden der Mitarbeitenden beitragen, steckt immer auch Innovationspotenzial. Es handelt sich nicht bloß um eine Wortklauberei, bei der man einem EHS-Projekt (Environment-Health-Safety-Projekt) ein neues Etikett aufdrückt. Es steckt mehr dahinter.
Als Beispiel: Nicht erst seit ChatGPT arbeiten Unternehmen daran, Künstliche Intelligenz (KI) zu nutzen. Um beispielsweise Arbeitsunfälle zu prognostizieren, werden mithilfe von KI-Tools aus Daten zu (Beinahe-)Unfällen Muster abgeleitet.
(Wenn Sie nun denken, das kann dann keine Innovation mehr sein, wenn es schon Unternehmen nutzen: Nein, das ist nicht der Fall. Denn eine Innovation kann auch etwas Neues für eine Organisation sein, unabhängig davon, wie der Entwicklungsstatus auf anderen Märkten oder in anderen Unternehmen ist.)
Solche internen Projekte bringen einige Vorteile mit sich: Wissen zu einer neuen Technologie wird aufgebaut, erfolgreiche interne Projekte steigern die Attraktivität der Arbeitgebermarke, sie tragen zum langfristigen Unternehmenserfolg bei oder zahlen auf spezifische Ziele ein, zum Beispiel Nachhaltigkeitsziele (SDGs), Qualitäts- oder Risikomanagement.
Damit solche Vorhaben bessere Erfolgschancen haben, lässt sich Innovationsmanagement gezielt nutzen.
Innovation: Hype oder Handwerk
Das Worst-Case-Szenario in puncto Innovationsabteilung: Jede:r weiß, dass es sie im Unternehmen gibt, doch niemand versteht es, mit ihr zusammenzuarbeiten. Wie bei einer Maschine wünscht man sich da manchmal eine Bedienungsanleitung. Ich möchte Ihnen drei Impulse liefern, um Innovationsmanagement in der Arbeitssicherheit für sich zu nutzen.
- Der Trendradar und Foresights: „Gesetze, Richtlinien und Verordnungen können Impuls- bzw. Taktgeber für Innovationen sein.“ Dieser Ansicht ist Daniel Zapfl, CEO von Lead Innovation. Denn der Druck, etwas ändern zu müssen, erzeugt eine größere Hebelwirkung für Innovation. Gerade in der Prävention und Arbeitssicherheit ist man damit häufig konfrontiert. Sprechen Sie Kolleg:innen aus der Innovationsabteilung beispielsweise auf Informationen zum Trendradar oder Foresights (engl.: Vorausschau) an. Mit diesen Werkzeugen versucht man im Innovationsmanagement zukünftige Entwicklungen vorhersagbarer zu machen. Diese Informationen können Sie nutzen und in gleicher Weise mit Ihrer Expertise das Innovationsteam auf aufkommende Veränderungen aufmerksam machen.
- Die Lead User:innen: Vermutlich kennen Sie aus Ihrem eigenen Arbeitsumfeld Menschen, die ihren Arbeitsplatz auf bewundernswerte Weise sicherer, effizienter oder einfacher gestalten. Diese Typen von Tüfftler:innen werden in der Innovationsforschung als Lead User:innen bezeichnet. Deren lösungsorientierte Herangehensweise an Probleme könnte den Anstoß für die nächste disruptive Innovation sein, bei der kein Stein auf dem anderen bleibt.
Lead User:innen können aber auch dabei helfen, knifflige Probleme in anderen Bereichen zu lösen. Das ideale Setting dafür ist, wenn mehrere Lead User:innen gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Die geeigneten Kandidat:innen zu finden, die richtigen Kreativtechniken einzusetzen und zu moderieren, sollte beim Innovationsteam liegen
- Der Markt: Abseits von technologischen Auslösern ist der Markt ein wichtiger Impulsgeber für Innovation. Organisationsinnovationen sollten sich verändernde Bedürfnisse der Belegschaft aufgreifen. Im Innovationsmanagement besteht in diesem Zusammenhang der Anspruch, unartikulierte Bedürfnisse zu befriedigen. Es wird somit hinter die offensichtlichen Wünsche oder Forderungen geblickt, um den Kern eines Problems zu erfassen. Dargestellt wird es etwa mit dem Kano-Modell (siehe Abbildung), das ursprünglich aus dem Qualitätsmanagement kommt.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Kano-Modell
Greiner Packaging liefert ein gutes Beispiel dafür, wie man unbewusste oder unausgesprochene Anforderungen befriedigen kann. Der Spezialist für Kunststoff-Verpackungen setzt auf virtuelle Realität (VR) in der Arbeitssicherheit. Mit virtuellen Maschinenrundgängen lernen Auszubildende die Bedienung von komplexen Maschinen und Anlagen. Die Auszubildenden bekommen dank des digitalen Abbilds einen Einblick in die Funktionsweise der Maschinen und zugleich lässt sich durch Simulationen das Risiko von Verletzungen und Unfällen verringern.
Innovation Manager:innen sind keine Erfinder:innen
Neues entsteht nicht in Innovationsabteilungen. Die Innovationsteams sind dazu da, in jedem Bereich einer Organisation Raum für Neues zu schaffen. Dadurch, dass andere Abteilungen wissen, wie ein Innovationsteam unterstützen kann, lassen sich Barrieren abbauen.
Führungskräfte müssen daher eine aktive Rolle bei der Umsetzung von Innovationen einnehmen. Daniel Zapfl macht die Qualität eines guten Innovationsmanagements auch daran fest, wie greifbar es ist: „Innovativ sein, das muss sich bodenständig anfühlen, es darf kein verwissenschaftlichtes Gedankenkonstrukt sein. Innovationsmanagement gehört zwar ganz oben auf die Agenda des Top-Managements; gelebt wird es jedoch von der gesamten Organisation“. Auch wenn es eine Abteilung gibt, die in ihrem Titel „Innovation“ trägt, sind es die Menschen in einer Organisation, die Innovationen hervorbringen. Möglich macht das ein ganzheitliches Innovationsmanagement: Strukturen, Abläufe, Prozesse und eine positive Innovationskultur.
In der Präventionsarbeit weiß man, wie wichtig die Vorbildfunktion ist; ebenso verhält es sich mit Innovativ sein, sie gehört vorgelebt.
Der Artikel erschien erstmals in Prävention Aktuell, Ausgabe 03-2023.