Ein Geschäftsmodell ist nichts anderes als eine modellhafte, ganzheitliche Beschreibung der logischen Zusammenhänge, wie ein Unternehmen Nutzen bzw. Wert für seine Kunden und sich selbst generiert. Die detaillierte Abbildung dieser Logik macht das Geschäftsmodell sichtbar, bewertbar und in weiterer Folge veränderbar.
Das Geschäftsmodell eines Unternehmens eignet sich daher als Analyseeinheit, um systematisch Ansatzpunkte für Innovationen zu finden, d. h. Unternehmen können Teile ihres Geschäftsmodells verändern und so gegenüber ihren Wettbewerbern einen Vorteil schaffen.
Eine Geschäftsmodellinnovation ist somit die bewusste Veränderung eines bestehenden Geschäftsmodells bzw. die Schaffung eines neuen Geschäftsmodells, das die Bedürfnisse der Kund:innen besser befriedigt als bestehende Geschäftsmodelle.
Für die erfolgreiche Arbeit am Geschäftsmodell ist ein Konzept, das die Beschreibung und Diskussion erleichtert, essentiell. Es hat die Aufgabe, das Grundprinzip, nach dem ein Unternehmen Werte schafft, zu erfassen und zu vermitteln. Je nach gewünschtem Detail- und Abstraktionsgrad bieten sich verschiedene Konzepte an. Wir stellen Ihnen hier kurz zwei Konzepte unterschiedlicher Komplexität vor, die jedoch grundsätzlich die gleichen Fragen beantworten.
Wie die Bezeichnung des Konzepts bereits erahnen lässt, wird das Geschäftsmodell anhand von 4 Dimensionen beschrieben, wobei alle Bestandteile als Ansatzpunkte innovativen Handelns des Managements betrachtet werden können:
Ein weiteres, international erfolgreiches Konzept zur Beschreibung von Geschäftsmodellen ist das „Business Model Canvas“ von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur. Es ist etwas umfassender als das vorgenannte 4 Dimensionen-Konzept und erlaubt daher auch einen höheren Komplexitätsgrad hinsichtlich der Beschreibung der Funktionsweise eines Unternehmens.
Das Canvas-Konzept stützt sich auf neun grundlegende Bausteine, welche die vier wichtigsten Bereiche des Unternehmens (Kund:innen, Angebot, Infrastruktur, Finanzen) abdecken:
Gegenstand möglicher Innovation ist also das gesamte Unternehmen und nicht nur eine Innovation im Bereich der Produkte oder Prozesse. Aus dieser umfassenden Betrachtungsweise ergeben sich vielfach unerwartete Ansätze für Innovationen. Die Beispiele der Firmen Hilti und Apple zeigen neuartige Geschäftsmodelle, die sich nachhaltig als sehr erfolgreich erwiesen haben.
Hilti verkauft im neuen Geschäftsmodell keine Bohrmaschinen mehr, sondern Löcher. Wie das geht? Ganz einfach, indem anstelle des Verkaufs teurer Maschinen wird das Gerät inklusive Wartung gebrauchsabhängig verrechnet. Die wichtigsten Schritte im Innovationsprozess zeigen wir Ihnen nachfolgend anhand des 4-Dimensionenmodells:
Bei diesem Geschäftsmodell zeigte sich jedoch, dass wesentliche Bedürfnisse der Kund:innen nicht befriedigt werden konnten. Insbesondere in den Bereichen „Zuverlässigkeit“ und „Kosten“ wurden Schwächen des bestehenden Geschäftsmodells aufgedeckt:
Basierend auf diesen Einsichten entschloss sich Hilti, ein Direktvertriebssystem einzuführen, um auf die Probleme und Bedürfnisse der Kunden besser eingehen zu können. Die Etablierung langfristiger Wartungsverträge und die Einführung eines Leasing-Systems ermöglicht es Hilti, zudem langfristige, stabile Kund:innenbeziehungen aufzubauen.
Weiters wurden durch das „Fleet Management Programm“ die Ausfallzeiten der Maschinen auf ein Minimum reduziert. Gleichzeitig konnte durch die dezentralisierten „Hilti-Centers“ die permanente Verfügbarkeit der jeweils benötigten Maschinen sichergestellt werden.
Und der Erfolg dieser Geschäftsmodellinnovation kann sich sehen lassen: Weltweit stehen aktuell mehr als 1 Million Geräte unter Vertrag und über 100.000 Kund:innen nehmen das Hilti Flottenmanagement in Anspruch. Die wesentlichen Erneuerungen, die diesen Erfolg möglich gemacht haben, hier nochmals kurz zusammengefasst anhand des 4-Dimensionen-Modells:
Ende der 90er Jahre wurde offensichtlich, dass die ursprüngliche Geschäftsstrategie Apples immer mehr an Boden verlor. Der Ansatz, sowohl Hardware als auch Software anzubieten, drängte Apple in eine Nischenposition, die es schwierig machte, preislich am Markt zu konkurrieren.
Im Jahr 2001 reagierte Apple auf diese Entwicklung mit der Einführung der neuen Produktlinie iPod, iTunes und 2007 dann das iPhone. Hand in Hand damit ging eine bahnbrechende Geschäftsmodellinnovation, die Musikdownloads aus dem Internet revolutionierte und das Unternehmen innerhalb kürzester Zeit an die Spitze der Branche katapultierte.
Entscheidend für den Aufstieg Apples war nicht nur die Produktinnovation. Der Erfolg resultierte vor allem daraus, mit der iTunes-Plattform ein praktikables Geschäftsmodell für den Download von Musik wie auch Applikationen für iPod und iPad zu etablieren – also etwas, das die Musikindustrie dazu bewegte, einzelne Songs und nicht nur Alben zu verkaufen.
Mit diesen Services macht Apple weltweit nicht nur einen Umsatz von 5 Mrd $/Quartal (Q4/2015), sondern sichert auch noch das Geschäft für iPad und iPhone im Gesamtwert von derzeit 36 Mrd $/Quartal ab (Q4/2015). Als äußerst positver „Nebeneffekt“ dieser Geschäftsmodellinnovation stieg auch das Interesse an der Computerlinie Apples, die mit einem Umsatz von 6,8 Mrd $ im vierten Quartal 2015 als durchaus lukrativ bezeichnet werden kann.
Apple hat damit sehr anschaulich gezeigt, dass Geschäftsmodellinnovation weit mehr ist als eine Produkt-, Technologie- oder Prozessinnovation.
Unter Verwendung des 4-Dimensionen Konzepts lässt sich somit zusammenfassend die Geschäftsmodellinnovation Apples wie folgt beschreiben:
Geschäftsmodellinnovation ist für Unternehmen eine der effektivsten Möglichkeiten, sich vom Mitbewerb abzuheben und damit das Bestehen des Unternehmens besonders in instabilen Zeiten zu sichern. Es geht letztlich darum, ein Unternehmen in seine Bausteine zu zerlegen, es zu analysieren und zu bewerten, neu zu erfinden, und in Kombination mit anderen, neuen Bausteinen zielgerichtet und systematisch wieder zusammenzusetzen.
When the Game Gets Tough, Change the Game.