Die Macht kundenzentrierter Dienstleistungen wird immer entscheidender. Zahlreiche Beispiele großer Konzerne, die einst als kleine Start-ups begannen, verdeutlichen, dass wahre Veränderung mehr als nur ein Versprechen ist. Tauchen wir ein in drei faszinierende Geschichten, die das transformative Potenzial von Service Design im Innovationsmanagement enthüllen.
Design Thinking ist nicht nur für Produkte anwendbar. Mit dieser Innovationsmethode lassen sich auch neue Services entwickeln. Denn Dienstleistungen, die sich an den Bedürfnissen von Kund:innen orientieren, sind am Markt erfolgreicher, als solche, die vor allem den internen Prozessen des Anbieters folgen.
Eine Studie von Bain & Company zeigt, dass es bei der Customer Experience noch sehr viel Luft nach oben gibt: Während 80 Prozent der befragten Unternehmen angaben, den Kund:innen ein perfektes Erlebnis zu bieten, waren lediglich 8 Prozent der interviewten Kund:innen der Meinung, solches auch zu bekommen. Viele Firmen schaffen es also offenbar nicht, die Perspektive ihrer Zielgruppe einzunehmen. Service Design ist eine Methode, um genau dies zu schaffen. Generell führen zwei Wege zu Service Design Innovationen:
Egal, welchen der beiden Wege ein Unternehmen eingeschlagen hat: Jedes Service Design Projekt folgt einem Kreislauf, der sich grob in drei Phasen gliedern lässt:
Es gibt viele erfolgreiche Service Design Innovationen. Einige davon haben ganze Branchen stark verändert:
In den 1940er Jahren führten sich Dick und Mac McDonald vor Augen, was die Besucher:innen der damals in den USA äußert beliebten Drive-In-Lokalen nervte: Das waren vor allem ausufernde Speisekarten und lange Wartezeiten. Sie entwickelten ein Konzept, das diese beiden Schwächen vermied: Das Speiseangebot konzentrierte sich auf die Bestseller Hamburger und Pommes. Gleichzeitig optimierten sie die Prozesse und die Räumlichkeiten ihres Restaurants so, dass lediglich 30 Sekunden zwischen Bestellung und Essensübergabe vergingen. Der Film "The Founder" zeigt diesen Prozess sehr eindrucksvoll. Die Brüder skizzieren ihr Restaurant mit Kreide auf einem Tennisplatz und imitieren die einzelnen Arbeitsschritte, um sie weiter zu verbessern. Diesen Drang, das Kund:innenerlebnis immer weiter zu optimieren, wohnt der größten Fast-Food-Kette auch noch heute inne. Im Jahr 2003 begann man etwa damit, die Restaurants mit Selbstbedienungs-Terminals auszustatten. Diese Innovation erhöhte nicht nur den Komfort der Kund:innen, sondern ermöglichte es dem Unternehmen auch, mehr Bestellungen entgegenzunehmen.
Jeder, der schon einmal ein Taxi in einer ihm fremden Stadt benutzt hat, kennt diese Ängste: Wie viel wird die Fahrt kosten? Hat der Taxifahrer bzw. die Taxifahrerin überhaupt eine Lizenz oder bin ich einem Betrug aufgesessen? Nimmt der Fahrer bzw. die Fahrerin den schnellsten Weg? Gelange ich überhaupt ans Ziel? Wie kann ich meine Unzufriedenheit über schlechten Service oder andere Kritikpunkte äußern? All diese Fragen konnten sich die beiden Gründer von Uber, Travis Kalanick und Garrett Camp, an einem Winterabend des Jahres 2008 in Paris gar nicht stellen. Denn sie bekamen gar kein Taxi. Die beiden beschlossen daraufhin eine App zu entwickeln, mit der man auf Knopfdruck einen Wagen ordern kann. Die aktuelle App beantwortet all die eingangs erwähnten Fragen. Uber arbeitet aber ständig weiter daran, um das Fahrerlebnis noch weiter zu verbessern: So kann der Fahrgast mithilfe einer Chatfunktion mit der Lenkerin oder dem Lenker direkt in Kontakt treten, ohne seine Telefonnummer preis zu geben. Im Jahr 2020 verkündete Uber auf der CES Las Vegas, gemeinsam mit Hyundai, ein Flugtaxis zu entwickeln. Der Fahrgast kann so rote Ampeln oder Staus einfach überfliegen und gelangt schneller ans Ziel.
In vielen Städten sind Radwege und das öffentliche Verkehrsnetz so gut ausgebaut, dass man damit schneller ans Ziel kommt, als mit dem PKW. Besonders dann, wenn man die Suche nach dem Parkplatz mit einrechnet. Allerdings ist Fahrradfahren in Städten nicht für jeden etwas. Beim Benutzen von U-Bahn, S-Bahn, Straßenbahn und Autobus haben Nutzer:innen dann immer noch die letzte Meile zu überwinden, um zu seinem tatsächlichen Ziel zu kommen. Der US-Mobilitätsdienstleister Lime hat dieses Problem mit einer Transportlösung "von Tür zu Tür" gelöst: Mit einer App können Nutzer:innen E-Scooter finden, entsperren und nach der Fahrt direkt am Zielort abstellen. Weiterer Vorteil: Während der bzw. die Fahrer:in eines eigenen Fortbewegungsmittels sich auch dann darum kümmern muss, wenn er es nicht braucht, entfällt diese Pflicht bei geliehenen Vehikeln: Besitzer:innen von E-Scootern müssen auf ihrem Weg durch die Stadt den Roller in der U-Bahn mitschleppen, während Kund:innen von Verleihsystemen das Fortbewegungsmittel meist direkt bei den Stationen vorfinden und dort auch wieder stehen lassen können. Transportlösungen, wie sie Lime anbietet, haben Städter sehr schnell in ihr Herz geschlossen: Allein in Wien gibt es derzeit sechs verschiedene Anbieter:innen am Markt. Seitdem die ersten Anbieter im September 2018 mit etwa 600 E-Rollern gestartet sind, hat sich die Anzahl der E-Scooter bis April 2019 verzehnfacht. Gemeinsam mit Uber arbeitet Lime übrigens daran, das Mobilitätserlebnis für urbane Verkehrsteilnehmer weiter zu verbessern: Die beiden Unternehmen kooperieren sogar offiziell miteinander: Über die Uber-App lassen sich in manchen Städten auch E-Roller von Lime buchen.
Es gibt noch viele andere Unternehmen, die durch Service Design Innovationen groß geworden sind – wie etwa Booking.com, AirBnB oder auch Car2Go und DriveNow. Painpoints für Konsumenten gibt es offenbar viele, und es zahlt sich aus, diese mit einer Lösung zu beseitigen. Lead Innovation begleitete das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Wien bei einem Service Design Projekt. Ziel dabei war es, die Wartezeit in der Ambulanz den Schrecken zu nehmen und diese für Patient:innen so angenehm wie möglich zu gestalten. Konzepte wurden mit der Lead User:innen Methode erarbeitet. Sie bezieht nicht nur Patient:innen und deren Angehörige sowie Expert:innen aus dem Gesundheitswesen, sondern auch Personen, die anderswo auf die Erbringung einer Leistung warten müssen (Flughafen, Bahnhof, Behörden, ...) in den Prozess mit ein. Damit wurde sichergestellt, dass bei der Entwicklung von Innovationen die Perspektive und Expertise derjenigen einbezogen wird, die mit der Wartesituation letztendlich konfrontiert sind. Mehr dazu in der Success Story.
Jedes Unternehmen nimmt für sich in Anspruch, kundenorientiert zu handeln und eine gute Customer Experience zu offerieren. In diesem Punkt klaffen Eigen- und Fremdbild aber oft stark auseinander. Um ein bestehendes oder neues Service an den Bedürfnissen der Kund:innen auszurichten, reichen keine Lippenbekenntnisse. Vielmehr liefert nur die richtige Methodik wirklich gute Ergebnisse. Wie viel Kraft zielgruppengerechte Service Design Innovationen entfalten können, zeigen viele Beispiele von inzwischen sehr großen und mächtigen Konzernen, die einst als kleines Start-up begannen.