Den Begriff Hackathon umschreibt Wikipedia als eine „kollaborative Software- und Hardwareentwicklungsveranstaltung“. Die Wortschöpfung aus „Hacken“ und „Marathon“ ist bereits seit 1999 bekannt. In den USA nutzen Softwareindustrie und Kapitalgeber die Methode seit Mitte der 2000er-Jahre, um neue Programme zu entwickeln oder auch Prototypen zu bereits existierende Konzepte realisieren zu lassen.
Nun veranstalten auch immer mehr europäische Organisationen und Unternehmen Hackathons. So haben etwa T-Mobile Austria und die Fachhochschule St. Pölten Ende März 2018 den Smart Public Life Hackathon durchgeführt. Ein offenes Teilnehmer:innenfeld sollte dabei innerhalb von 24 Stunden eigene Ideen, die das Leben der Bürger von St. Pölten erleichtern, zu so genannten Minimum Viable Products (MVP) weiterentwickeln.
Programmierkenntnisse mussten die Teilnehmer:innen dabei nicht notwendigerweise mitbringen. Denn die technische Ausstattung, die die Veranstalter zur Verfügung stellten, ermöglichten auch ein Programmieren per Drag&Drop und kommen ab der 3. Schulstufe zum Einsatz. Diese bewusst niedrig gewählte Einstiegsschwelle sorgte dafür, dass nicht bloß junge männliche Nerds am Wettbewerb teilnahmen. Unter den 60 Personen waren sowohl einige Damen und als auch Personen jenseits der 40 zu finden. Die insgesamt 13 Entwicklerteams formierten sich teilweise erst bei der Veranstaltung selbst: Im „internationalsten“ Team arbeiteten 8 Teilnehmer:innen aus 6 verschiedenen Nationen zusammen.
Die Jury überzeugt hat letztlich ein 4er-Team namens „mein persönlicher Favorit“ mit einem Konzept, dass die St. Pöltener kürzer auf ihren Bus warten lässt und gleichzeitig die Kosten für den öffentlichen Verkehr senkt. Der Wettbewerb hat weitere 12 bemerkenswerte Prototypen hervorgebracht – Der Nutzen für die beiden Veranstalter ist aber weitaus vielschichtiger. Denn Unternehmen können Ihre Forschungs- und Entwicklungsabteilung durch Hackathons nicht nur mit neuen frischen Konzepte versorgen, die auch tatsächlich funktionieren. Wenn Sie selbst einen Hackathon veranstalten oder als Partner dabei mitmachen, dann können Sie mit folgenden 4 weiteren Vorteilen rechnen:
Ein externes Teilnehmer:innenfeld sorgt für soziale Vielfalt. Es betrachtet das von Ihnen gestellte Briefing aus völlig verschiedenen Perspektiven. Ihr Betrieb würde sicherlich nie auf die Idee kommen, bestimmte Aspekte aus den Blickwinkeln zu betrachten, wie es eine bunt zusammengewürfelte Truppe tut, die nur der Drang eint, Dinge anders, besser oder völlig neu zu machen. So hat ein Team beim erwähnten Hackathon eine Lösung entwickelt, die der Überlastung der örtlichen Wasserversorgung vorbeugt. Ein unsichtbares Problem, mit denen Kommunen offenbar kämpfen. Denn sobald es warm wird, dreht jede:r Poolbesitzer:in den Wasserhahn auf, um sein Schwimmbad mit Trinkwasser zu füllen. Zum Hintergrund: Ein Pool durchschnittlicher Größe fasst in etwa die Menge an Wasser, die ein Mensch pro Jahr fürs Kochen, Waschen, Putzen und Trinken verbraucht. Die Lösung bestand übrigens aus einer intelligenten Steuerung, die die Becken genau dann füllt, wenn - etwa über Nacht - gerade keine Spitzennachfrage nach Wasser herrscht. Eine solche Steuerung könnte aber nicht nur für Kommunen interessant sein, sondern auch das Sortiment jedes Poolhersteller erweitern - auch im Sinne der Nachhaltigkeit. Denn ohne Wasser sind deren Produkte rein gar nichts wert.
Die Vielfalt an Perspektiven, die ein externes Teilnehmer:innenfeld einbringt, kann nicht nur die Lösungspalette an sich bereichern. Sie bringt Ihr Unternehmen mit neuen Projektmanagement-Methoden in Kontakt. Die Bastler- und Entwickler:innenszene gilt als kreativ, technisch brillant, unkonventionell und schnell. In dieser Community gelten nur Prototypen, die wirklich funktionieren. Power-Point-Präsentationen, die zeigen, wie etwas funktionieren könnte, sind verpönt. Hackathon-Teilnehmer:innen bringen es außerdem zustande, das Publikum von ihrem Konzept in 90 Sekunden zu überzeugen. Die Hacker-Kultur hält also durchaus wertvolle Impulse für Ihr gesamtes Unternehmen bereit. Selbst wenn Sie nur einen Teil Ihrer Mitarbeiter:innen zu einer solchen Veranstaltung zum Beobachten entsenden. Diese werden sicherlich von der Zielorientiertheit und einigen anderen Qualitäten der Teilnehmer:innen fasziniert sein und diese in ihren Arbeitsalltag integrieren wollen.
Viele Unternehmen nutzen Hackathons auch für ihr Recruiting. So hat auch T-Mobile Austria einige Kollegen aus der HR-Abteilung zum erwähnten Hackathon geschickt. Die Wettbewerbe ermöglichen sowohl Unternehmen als auch Hackathon-Teilnehmer:innen einen unverkrampften Erstkontakt auf Augenhöhe. Beide Parteien präsentieren sich auf einer viel ehrlicheren Ebene als bei einem Bewerbungsprozess. Denn Hackathon-Teilnehmer:innen wie neue potenzielle Arbeitgeber zeigen anhand eines konkreten Projektes ihre Fähigkeiten, was sie bieten können und wie sie ticken. Durch Hackathons können auch jene Unternehmen auf sich aufmerksam machen, die eine bestimmte Berufsgruppe gar nicht auf dem Radar hat. IT-Spezialist:innen denken etwa zunächst einmal an IBM, Google, Microsoft oder anderen Größen, wenn sie einen Job suchen. Ihnen ist oft gar nicht bewusst, dass auch Banken oder Industriebetriebe IT-Fachkräfte dringend brauchen und dementsprechend gut besolden. Und: Hackathons sprechen zudem Teilnehmer:innen außerhalb der eigenen Region und Landesgrenzen an. Über traditionelle Recruiting-Methoden könnte man solche Fachkräfte nur schwer erreichen.
Ein Hackathon ist ein öffentlicher Event den Sie auch für Ihr Marketing nutzen können. Je nach Aufgabenstellung können Sie darauf hoffen, dass die Presse und User im Social Web Ihren Hackathon thematisieren (Earned Media). Auch wenn Hackathons eigentlich schon eine gewisse Tradition haben - sie gelten in Mitteleuropa immer noch als modern und innovativ und zahlen damit auf Ihre Unternehmensmarke ein.
Bisher nutzen in Europa vor allem ganz große Konzerne das Format, um ihre F&E-Aktivitäten zu bereichern und auch um neue Talente zu finden. Angefangen von Lufthansa über Volkswagen bis hin zu ProSieben haben fast alle DAX-30-Konzerne Hackathons veranstaltet. Auch die Qualität der Veranstaltung selbst und das Verständnis der Materie bei den Unternehmen hat stark zugenommen. Dass Hackathons zu Ergebnissen führen, die sich für Betriebe wirklich auszahlen zeigt ein prominentes Beispiel: Der Like-Button von Facebook wurde etwa im Rahmen eines Hackathons entwickelt.
Das Format können aber durchaus auch kleinere oder mittelgroße Betriebe für sich nutzen. Dabei gilt es allerdings, einige Spielregeln zu beachten. Gerade für KMU ist es aber einfacher, Hackathons gemeinsam mit Partnern auszuloben oder digitalen Initiativen kurzzuschließen. So organisierte etwa die in Dornbirn gegründete „Plattform für digitale Initiativen“ im Mai 2018 einen ganz besonderen Hackathon: Beim „Umma Hüsla Hackathon“ besteigen die Teilnehmer:innen im Bregenzer Hafen das Schiff „MS Vorarlberg“, und entwickelt gemeinsam Lösungen während sie über den Bodensee fahren. Die Ergebnisse werden dann nach der Schiffsreise durch österreichische, deutsche und schweizer Gewässer in Bregenz präsentiert. Auch die Smart Textiles Plattform macht bei dem Event mit und vergibt aus Textilsensorikkomponenten bestehende Starter-Kits an die Teilnehmer:innen. Mit vielen neuen Ideen und Konzepten aus dem Bereich „Smart Textiles“ ist also zu rechnen.
Immer mehr Unternehmen entdecken Vielfalt als Stärke. Damit lässt sich auch die Innovationskraft erhöhen. Denn alternative Sichtweisen ergeben nun einmal mehr und auch bessere Lösungen. Ein Hackathon ist eine relativ einfache und ressourcenschonende Möglichkeit, die Kreativität der Entwickler:innen- und Makerszene anzuzapfen. Gleichzeitig kommt Ihr Unternehmen dadurch in der Öffentlichkeit gut weg und mit potenziellen neuen Mitarbeiter:innen in Kontakt.