Die aktuell wichtigsten Megatrends für die Baubranche sind laut dem Trendradar der deutschen Bauwirtschaft demographischer Wandel, Nachhaltigkeit, Digitalisierung sowie die steigende Urbanisierung. Die bedeutendsten Trends innerhalb dieser Megatrends sind in nachfolgender Grafik nach Relevanz und Verbreitung dargestellt. Demnach besitzen Nachhaltigkeit und Digitalisierung die höchste Relevanz bei gleichzeitig noch relativ geringer Verbreitung. Der Trend zur Urbanisierung ist ebenfalls von hoher Relevanz, jedoch bereits weiter verbreitet.
Quelle: Trendradar der deutschen Bauwirtschaft, Roland Berger
Im Bereich der Urbanisierung zeigt sich neben dem Trend vom Einfamilienhaus zum Mehrfamilienhaus ein klarer Trend zum modularen Hausbau - einem Bauansatz, der die Möglichkeit bietet, individuellen Wohnraum kosten- und zeiteffizienter zu schaffen. Darüber hinaus ergeben sich aus dem modularen und seriellen Bauen für die Unternehmen der Baubranche große Vorteile. Der modulare Hausbau wird daher in Zukunft weitere Zuwachsraten verzeichnen und sich laut Trendradarstudie zu einer lohnenden Nische entwickeln.
Die Automobilindustrie setzt bereits seit langem auf die Vorteile der Modularisierung. Neue Konzepte beim seriellen und modularen Hausbau übertragen die Prinzipien der Modularisierung im Autobau auf den Hausbau und fertigen kostengünstig nach individuellen Kundenwünschen.
In Analogie zum Autobau wird auch ein Haus auf eine bestimmte Zahl von Standardelementen (Module) reduziert und mit genau definierten Anschlussstellen für Decke, Außenwand oder Fenster versehen. Die Module werden in unterschiedlichen Ausprägungen (Varianten) angeboten, so wie es auch für ein Auto verschiedene Sitze, Motoren oder sonstige Ausstattungen gibt. Daraus lassen sich unendlich viele Varianten von Bauten zusammensetzen.
So sind beispielsweise bereits heute bei einem Einfamilienhaus mit 8 Modulen und einem Baukasten mit 50 verschiedenen Raummodulen nahezu 1,7 Milliarden unterschiedliche individuelle Grundrisse möglich. Dazu kommt noch die individuelle Gestaltung der Fassade und Wärmedämmung. Auch modernste Technik in Bezug auf Energieeinsparung und Energieerzeugung kann problemlos integriert werden.
Die einzelnen Module werden nicht auf der Baustelle produziert, sondern in der Fabrik. Dabei kommen die neuesten industriellen Produktionsweisen zur Anwendung, von der Automatisierung bis zur Digitalisierung. Da die Modulbauweise in der Massenproduktion höhere Stückzahlen ermöglicht als im bisherigen Fertighausbau, ergibt sich daraus ein enormer Produktivitätsgewinn und somit eine erhebliche Reduzierung der Kosten. Modellrechnungen weisen Ersparnisse von 50 bis 75 Prozent gegenüber der herkömmlichen Bauweise aus. Zusätzlich werden Bauprojekte um mehr als 70 Prozent schneller abgewickelt.
Auf dieselbe Weise wie man sich heute sein Wunschauto über einen Konfigurator zusammenstellt, können sich Kund:innen auch ihr künftiges Heim am Computer erschaffen. Damit sind zwei wesentliche Vorteile verbunden: Zum einen können Kund:innen ohne zusätzliche Kosten den Plan ändern so oft er will, zum anderen werden über den Konfigurator Daten generiert, die dem Architekten, der Behörde, dem Produktionsplaner:in in der Fabrik sowie Monteur:innen auf der Baustelle zur Verfügung stehen.
Insbesondere bei der modularen Bauweise gewinnt daher die Digitalisierung mit dem Gebäudedatenmodellierungssystem (engl. Building Information Modeling - kurz BIM) zunehmend an Bedeutung. Denn Materialstücklisten und mögliche Produktvarianten müssen bis ins Detail vorkonfiguriert sein und in der Produktion vorliegen, um die Vorteile der modularen Bauweise nutzen zu können.
© Bausoft Solution, Graz
Das BIM ermöglicht auch den laufendenden Informationsaustausch aller Beteiligten während der Bauphase und unterstützt so die Realisierung des Bauprojektes in der vorgegebenen Zeit und einem bestimmten Budget und mit einer geringen Fehlerquote. Derzeit ist das BIM in der Bauindustrie zwar bereits weitgehend bekannt, es fehlt jedoch oftmals noch das Wissen, um die analoge Arbeitsumgebung in einen digitalen und vernetzten Wertschöpfungsprozess zu überführen.
Sobald Fundament und Keller fertiggestellt sind, müssen nur noch die fertigen Module montiert werden. Da Rohre und Kabel bereits in der Fabrik verbaut wurden, muss auch nichts nachgebessert werden. Die Abwicklung der Baustellen kann dadurch schneller und effizienter durchgeführt werden. Die größten Einsparungen werden daher auf der Baustelle erzielt, denn 80 Prozent der Wertschöpfung findet im modularen Hausbau bereits in vorgelagerten Prozessschritten in der Fabrik statt.
Das Konzept der Modularisierung löst den Zielkonflikt der Bauindustrie, individualisierbare Produkte bei gleichzeitiger Kosteneffizienz anbieten zu können. In Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit ergeben sich dadurch gegenüber der konventionellen Bauweise vor allem Vorteile in den Bereichen Kosten, Zeit, Qualitätssicherheit und Flexibilität.
Der modulare Hausbau bietet die Möglichkeit, individuelle Bauprojekte zu niedrigeren Kosten und mit einem geringeren Zeitaufwand zu realisieren. Damit kann die Modularisierung einen wichtigen Beitrag leisten, um dem Wohnungsmangel in urbanen Regionen entgegenzuwirken.