Trotz der vielfältigen Chancen von Geschäftsmodellinnovationen fehlen oft Methoden und Werkzeuge, um diese systematisch und effektiv zu planen, zu entwickeln und umzusetzen. Womöglich liegt es an deren komplexer Natur. In diesem Blogbeitrag werden Sie erfahren, welche bewährten Methoden Sie gezielt im Bereich der Geschäftsmodellinnovation kombinieren können, um bestehende Geschäftsmodelle zu visualisieren, neue Ideen zu generieren und erfolgreich umzusetzen.
Die Ausgangsbasis zur Entwicklung eines neuen Geschäftsmodells bildet die Visualisierung und anschließende Bewertung des bestehenden Geschäftsmodells mittels Stresstests. Dieser Prozess ermöglicht es, die Stärken und Schwächen des aktuellen Geschäftsmodells herauszuarbeiten, kritische Faktoren zu identifizieren und somit den Handlungsbedarf für eine Geschäftsmodellinnovation zu bestimmen. Durch die Visualisierung wird eine klare Übersicht über die Struktur und Funktionsweise des Geschäftsmodells geschaffen, was eine fundierte Analyse und Weiterentwicklung ermöglicht. Stresstests dienen dazu, das Geschäftsmodell auf seine Belastbarkeit und Resilienz zu prüfen, um potenzielle Schwachstellen frühzeitig zu erkennen und zu beheben.
Je nach gewünschtem Detaillierungsgrad kann das Geschäftsmodell anhand des Business Model Navigator Konzepts der Universität St. Gallen, als auch anhand der weltweit bekannten Methode des Business Model Canvas von Alexander Osterwalder und Yves Pigneur erfolgen.
Der Business Model Navigator beschreibt das Geschäftsmodell aus einer Metaperspektive unter Verwendung von vier Dimensionen:
Die Methode ist weniger detailliert als das Business Model Canvas und eignet sich als Einstieg in das Thema, insbesondere auch dann, wenn ein Unternehmen noch nie mit Geschäftsmodellinnovation in Berührung gekommen ist oder der zeitliche Rahmen für die Durchführung einer Analyse sehr eng gesetzt ist.
Für einen tieferen Einblick in das Geschäftsmodell ist das Business Model Canvas-Konzept die Methode der Wahl, spätestens jedoch wenn es um das Design eines neuen Geschäftsmodells oder um das Testing geht, sollte man mit dem Business Model Canvas arbeiten. Es ist etwas umfassender als das vorgenannte 4 Dimensionen-Konzept und erlaubt einen höheren Komplexitäts- und Detaillierungsgrad. Es beschreibt das Geschäftsmodell in neun Blöcken, welche sowohl die Angebotsseite (Kund:innensegmente, Wertversprechen, Kund:innenkanäle, Kund:innenbeziehungen, Einnahmenstruktur) als auch den Bereich der Infrastruktur (Schlüssel-Ressourcen, -Aktivitäten, -Partner, Kostenstruktur) abdecken. Eine Vorlage können Sie hier herunterladen.
In einem weiteren Schritt werden auf Basis der Visualisierung des Geschäftsmodells die einzelnen Bereiche bewertet, Stärken und Schwächen herausgearbeitet und kritische Faktoren identifiziert.
Das Geschäftsmodell kann jedoch nicht isoliert von seiner Umwelt betrachtet werden. In der Umfeldanalyse werden daher relevante Trends in den Bereichen Markt, Branche, Technologie, Gesetzgebung und Gesellschaft mittels Mitarbeiter:innen- und Expert:innengesprächen sowie Primär- und Sekundärrecherchen erhoben und deren Auswirkungen auf das Geschäftsmodell analysiert.
Die grafische Darstellung in Form eines Trendradars macht die Umfeldanalyse greifbarer. In der Mitte des Trendradar befindet sich das Geschäftsmodell, rundum werden die verschiedenen Trends aus den unterschiedlichen Bereichen angeordnet:
Es gibt eine Vielzahl von Ansätzen zur Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Wir stellen Ihnen hier drei bewährte Methoden vor, die idealerweise parallel angewendet werden, da sie einander ergänzen und das Unternehmen aus unterschiedlichen Perspektiven auf mögliche Innovationen hin untersuchen:
Methode | Fokus |
Szenariotechnik | Markt und Markttrends (Basis: Trendradar) |
Customer Experience Design | Bedürfnisse von Kund:innen |
Creative Imitation mit Pattern Cards | Bestehende Geschäftsmodelle |
Ausgehend von den Trends, die im Trendradar ihren Niederschlag gefunden haben und gleichzeitig das Geschäftsmodell in hohem Ausmaß beeinflussen, werden alternative Szenarien abgeleitet, die jeweils unterschiedliche Ausprägungen der erhobenen Trends darstellen. Für jedes der Szenarien wird im Anschluss daran ein Geschäftsmodell erarbeitet. Veränderungen im Geschäftsumfeld können somit frühzeitig antizipiert und adressiert werden.
Das Unternehmen kann aktiv mit der Umsetzung jenes Geschäftsmodells beginnen, von dem es glaubt, dass es in Zukunft relevant werden wird. Alternativ besteht die Möglichkeit reaktiv vorzugehen, indem der Markt beobachtet wird und das Geschäftsmodell erst dann aus der Lade gezogen wird, wenn der Markt in die prognostizierte Richtung geht.
Bei dieser Methode, deren Ursprung im Marketing liegt, wird der Fokus auf die speziellen Bedürfnissen einzelner Kund:innengruppen gelegt. Ein Tapetenhersteller beliefert beispielsweise Großhandelsmärkte, DIY-Märkte wie Obi und Baumax oder Maler, die direkt einkaufen. Für jede dieser Kund:innengruppen wird nun anhand ausgesuchter Kund:innen ein „Customer Experience Design“ erstellt, das sämtliche Berührungspunkte und Probleme des bzw. der Kund:in mit dem Unternehmen im Verlauf einer Customer Journey dokumentiert. Auf diese Weise können Ansatzpunkte zur Verbesserung des Kund:innennutzens aufgedeckt werden, woraus neue, maßgeschneiderte Geschäftsmodelle entwickelt werden können:
Insbesondere Unternehmen mit homogenen Kund:innenbedürfnissen profitieren von diesem Ansatz, da mit der Erstellung eines „Customer Experience Design“ für jede einzelne Kund:innengruppe jene Transparenz geschaffen werden kann, die es möglich macht, die Bedürfnisse und den erwarteten Nutzen der verschiedenen Kund:innengruppen zu identifizieren.
Über 90 Prozent aller Geschäftsmodellinnovationen beruhen laut einer Studie der Universität St. Gallen auf der Rekombination von 55 Geschäftsmodell-Patterns. Durch kreative Imitation werden diese Geschäftsmodell-Muster systematisch mithilfe von Pattern Cards und dem Business Model Navigator auf das eigene Unternehmen angewendet.
Dabei kann man entweder nach dem Similarity Prinzip vorgehen und jene Pattern Cards auf das eigene Geschäftsmodell anwenden, die diesem am ähnlichsten sind. Oder aber man wählt nach dem Contrasting Prinzip Pattern Cards, die mit dem eigenen Geschäftsmodell sehr wenig zu tun haben. Das mag bei manchen Pattern Cards gänzlich aussichtslos wirken, bei anderen jedoch entstehen Geschäftsmodelle mit hohem Innovationsgrad. Bei dieser Methode ist daher ein Ansatz gefragt, der grundsätzlich alles für möglich hält, Killerphrasen im Sinne von „bei uns geht das sicher nicht“ vernichten wertvolle Chancen für innovative Geschäftsmodelle.
Foto: Pattern Cards des BMI Lab St. Gallen
Zur Unterstützung des Prozesses sind auf der Rückseite der Pattern Cards neben einer Beschreibung, jene Bereiche des Business Model Navigator genannt, die verändert werden. In dem hier gezeigten Beispiel „Affiliation“ wären das die Dimensionen „Wie wird der Nutzen geschaffen und geliefert (How)“ und "Wie verdient das Unternehmen Geld (Value)“.
In weiterer Folge werden die generierten Geschäftsmodell-Alternativen auf ihren Fit zum Unternehmen geprüft, die geeignetsten ausgewählt und in einem nächsten Schritt getestet und geschärft.
Ideen, nicht jedoch Geschäftsmodelle entstehen auf dem Reißbrett. Ein marktreifes Geschäftsmodell muss direkt im Markt Schritt für Schritt weiterentwickelt und geschärft werden. Discovery driven learning durch Trial and Error steht daher im Zentrum dieser Phase, wo es darum geht, die ausgewählten Geschäftsmodell-Ideen nach dem Trial and Error Prinzip anhand von Geschäftsmodell-Prototypen und Hypothesen kostengünstig zu testen, immer mehr zu schärfen und letztlich marktfit zu machen. Anstatt umfangreicher Business-Pläne und Marktrecherchen geht es hier um den raschen und praxisorientierten Erkenntnisgewinn.
Mit Hilfe des Ansatzes von Professor Markides kann erhoben werden, wie die Geschäfsmodell-Alternativen in den Markt eingeführt werden sollen. Das Framework basiert auf zwei Dimensionen, aus denen vier grundsätzliche Implementierungsstrategien abgeleitet werden können.
Egal, welche Kreativitätstechniken Sie verwenden, um Geschäftsmodell-Alternativen zu generieren – die wichtigste Methode im Prozess der Geschäftsmodellinnovation ist das Trial and Error Testing direkt im Markt. Kostengünstige Geschäftsmodell-Prototypen in Verbindung mit den richtigen Kund:innen und die kontinuierliche Testung anhand von Hypothesen bilden die entscheidende Grundlage für die erfolgreiche Geschäftsmodellinnovation.
Tipp: Probieren Sie den Methodenfinder, um die passende Innovationsmethode für Ihre Situation zu finden. Mit dem kostenlosen Tool erheben Sie Ihre Ausgangslage und erhalten Tipps für den nächsten Schritt in Ihrem Innovationsvorhaben.