Was Sie beim Crowdfunding über Kickstarter beachten sollten
Crowdfunding ist eine von vielen Möglichkeiten, eigene kreative Ideen und Projekte zu finanzieren. Unter den zahlreichen Plattformen ist Kickstarter die größte. Lesen Sie in diesem Blogbeitrag, wie es zwei Startups gelang, durch Kickstarter im Outdoor-Markt zu reüssieren und welche Regeln es beim Crowdfunding über Kickstarter zu beachten gilt.
Eigentlich hätten Herman Poelmann, Wiebe Poelmann und Wouter de Roy van Zuidewijn lediglich 25.000,- Euro gebraucht, um ihre Idee auf den Markt zu bringen. Die drei begeisterten Skifahrer aus den Niederlanden hatten sich zum Ziel gesetzt, eine hochqualitative Funktionsjacke zu entwickeln und sie durch den Verzicht auf Zwischenhandel zu einem unschlagbar günstigen Preis anzubieten. Um die für "Cortèz" notwendigen Finanzmittel aufzutreiben, entschlossen sich die drei für eine Kampagne auf Kickstarter. Das Ziel wurde bereits am ersten Tag erreicht. Nach einer Woche hatten die drei Unternehmer, die über profunde Erfahrungen in der Textilwirtschaft verfügen, bereits 260 % ihres Ziels erreicht. Und am Ende hatten 692 Unterstützer:innen 237.227,- Euro beigetragen – also fast das Zehnfache des ursprünglichen Betrags.
Bergaffe: 30.000 Euro an einem einzigen Tag
Ähnlich gute Erfahrungen hat das Startup Bergaffe aus Kärnten gemacht. Für eine neue Outdoor-Bekleidungslinie wollte das Team rund um Gründer David Dietrich eine Finanzspritze von 30.000,- Euro haben. Innerhalb von 24 Stunden konnte Bergaffe diese Summe über ihre Kickstarterkampagne einsammeln. Am Schluss unterstützten 745 Personen die Entwicklung des dreiteiligen Produktsets (eine Isolationsjacke, eine Hardshelljacke und eine Wind- und Wetterhose) mit 264.071,- Euro.
Beide Unternehmen konnten über die Plattform Kickstarter also genug Vorbestellungen einsammeln, um ihre Konzepte zu realisieren. Zum Hintergrund: Auf Kickstarter werden Käufer:innen für ein Produkt gesucht, das noch nicht produziert wird. Der bzw. die Projektbetreiber:in bietet den Unterstützer:innen einen viel niedrigeren Preis als er dann verlangt, wenn die Produktion bereits läuft und das Produkt am Markt ist. Wenn das Finanzierungsziel verfehlt wird, fließt kein Geld.
Die Mehrheit der Kickstarter-Kampagnen scheitert
Dies ist auch das häufigere Szenario bei Kickstarter, denn die Mehrheit der Projekte scheitert. Der deutsche Finanzblog Finantio hat dies in einer Analyse herausgefunden. Dafür screente er 378.000 Kickstarter-Projekte, die zwischen 28. April 2009 (der Gründung der Crowdfunding-Plattform) und Ende Jänner 2018 erstellt wurden. Über 12 Prozent wurden aus unbekannten Gründen zurückgezogen. Von den verbleibenden 331.000 Projekten, gelang es 40,4 Prozent, das Finanzierungsziel zu erreichen. Diese Erfolgsquote differiert von Land zu Land sehr stark. Überdurchschnittlich performten Projekte aus Hong Kong (45,3 Prozent) und den USA (41,8 Prozent). Konzepte aus der D-A-CH-Region scheiterten hingegen viel öfter. In der Schweiz beträgt die Erfolgsquote 28,7 Prozent, in Deutschland 27,8 Prozent und in Österreich gar nur 22,1 Prozent.
4 Erkenntnisse aus der Analyse von knapp 400.000 Kampagnen
Aus der Analyse lassen sich übrigens sehr wertvolle Erkenntnisse für eigene Kampagnen auf Kickstarter herausdestillieren:
- Um Technologieprojekte zu finanzieren, eignet sich Kickstarter statistisch gesehen nur sehr schlecht. Nur jedes vierte Konzept erreichte auch das Finanzierungsziel. Bei Apps liegt dieser Wert überhaupt nur bei 7,15 Prozent.
- Der durchschnittlich über Kickstarter aufgebrachte Betrag (Median) ist mit 3.838 US-Dollar niedriger, als viele erwarten würden.
- Die ideale Laufzeit einer Kickstarter-Kampagne liegt zwischen 8 und 30 Tagen. Bei einer kürzeren oder längeren Dauer nimmt die Erfolgsquote signifikant ab.
- Die Daten geben auch Auskunft über den richtigen Zeitpunkt: Statistisch gesehen sollte man das Projekt an einem Dienstag im März zwischen 15 und 16 Uhr beginnen und an einem am Dienstag im April enden lassen. Sich sklavisch daran zu halten, wird natürlich nicht möglich sein. Allerdings: Urlaubs- und Weihnachtszeit wirken sich negativ auf die Erfolgschancen aus. Wenn Sie für Ihre Kickstarter-Kampagne Unterstützer aus der ganzen Welt haben wollen, sollten Sie sich an die Uhrzeit in den USA richten. Denn dort sitzt die Mehrheit der Kickstarter-User.
Kickstarter-Profis geben 7 Tipps für Ihre Kampagne
Die Analyse von Finantio ist eine gute Quelle für eigene Kickstarter-Kampagnen. Unternehmer, die die Crowdfunding-Plattform bereits öfters genutzt haben, kennen freilich noch weiter Tipps. Gegenüber Trending Topics gaben Stefan Ponsold von SunnyBag und Crowdfunding-Expertin Miriam Boubachta ihr wertvolles Know-how Preis. Hier finden Sie die wichtigsten Punkte, die Sie bei Ihrer Kickstarter-Kampagne beachten sollten:
- Monate vor dem Start der eigentlichen Kampagne sollten Sie bereits eine eigene Landingpage realisiert haben. Solche Seiten lassen sich mit Shopify oder Launchrock rasch erstellen. Diese helfen auch beim Sammeln der E-Mail-Adressen von Interessenten.
- Das Kernstück einer Kickstarter-Kampagne ist das Video, das Ihr Produkt und Ihr Team vorstellt. Technische Perfektion ist dabei nicht gefragt. Viel wichtiger ist es, Produkt und Team authentisch darzustellen. Geschönte Filme oder auch mit Photoshop aufgepeppte Produkt- oder Imagebilder sind bei Kickstarter hingegen verpönt. Kickstarter selbst gibt zahlreiche Tipps, mit denen sich ohne viel Aufwand ansprechende Filme erstellen lassen. Wichtig ist ein so genannter Call-to-Action am Schluss. Denn der Seher sollte auch wissen, was er nun tun soll.
- Das Finanzierungsziel sollten Sie so gering wie möglich ansetzen. Denn dadurch halten es auch die Geldgeber für realistischer und sind eher bereit, Sie zu unterstützen. Doch auch nach unten hin gibt es Grenzen. Denn zu den eigenen Produktionskosten müssen Sie als Projektbetreiber noch Gebühren für Kickstarter und die Zahlungsabwicklung einkalkulieren. Auch der Versand und die Kampagne selbst verursachen einen Aufwand. Ponsold, der bereits 6 Kickstarter-Kampagnen absolviert hat, meinte gegenüber Trending Topics: “Ich würde bei größeren Kampagnen einen Deckungsbeitrag von 30 bis 60 Prozent einkalkulieren.”
- Kickstarter hat zwar viele User - dennoch ist Werbung für das eigene Projekt ein absolutes Muss. Dafür eignen sich viele Kanäle – von Social Media bis hin zur klassischen Pressearbeit. Diese Öffentlichkeitsarbeit ist sowohl vor, als auch während und sogar nach dem erfolgreichen Abschluss notwendig.
- Gerade am Beginn einer Kampagne zahlt es sich aus, besonders attraktive Angebote zu schnüren. Dadurch ist es wahrscheinlicher, dass mehr Unterstützer Interesse zeigen und so die Kampagne an Fahrt gewinnt.
- Wenn es zu Problemen bei Lieferung- und Produktion kommt, kommunizieren Sie diese ganz offen. Damit verhindern Sie, dass die Unterstützer das Vertrauen verlieren.
- Wenn Sie Ihr Finanzierungsziel erreicht haben, beginnt die eigentliche Arbeit erst. Sie müssen sicherstellen, dass Ihre Unterstützer ausgereifte Produkte innerhalb der versprochenen Lieferfrist bekommen. Denn diese Gruppe sind Early Adopter, die ihre Erfahrungen mit Ihrer Innovation mit vielen anderen Personen teilen.
Fazit: Was Sie beim Crowdfunding über Kickstarter beachten sollten
Crowdfunding-Plattformen wie Kickstarter eignen sich gut, um eigene kreative Ideen auf den Markt zu bringen. Dass sich selbst Märkte mit etablierten und starken Playern dadurch erschließen lassen, zeigen die beiden Beispiele Bergaffe und Cortèz und noch viele andere erfolgreiche Projekte. Kickstarter selbst dient dabei auch als wertvolles Marketingtool, denn so können Sie für Innovationen auch gleich eine eigene Community aufbauen.