Innovation Insights

5 Dinge, die Sie über Smart Packaging wissen sollten

Geschrieben von Pauline Schmidt | Jul 19, 2017 10:00:00 PM

Was genau ist Smart Packaging eigentlich?

Grundsätzlich beschreibt „Smart Packaging“ eine Verpackung mit erweiterten Funktionen. Unterschieden werden in der Regel zwei Typen von Smart Packaging – aktive Verpackungen und intelligente Verpackungen:

Aktive Verpackungen

 

Aktive Verpackungen sind Verpackungen, die mit dem Füllgut in Wechselwirkung treten und damit die Haltbarkeit oder Qualität des Füllgutes während der Lagerung verbessern. Es werden entweder bestimmte Substanzen an das Füllgut abgegeben oder dem Füllgut oder dessen unmittelbarer Umgebung bestimmte Stoffe entzogen.

Erreicht wird dies durch lichtfilternde Materialien, Einbringen von Sauerstoff- und Ethylenabsorbern, antimikrobielle Oberflächenbeschichtungen oder feuchteregulierende Materialien. Die aktive Komponente kann dabei in die Verpackung integriert sein oder separat in Form von Einlagen beigefügt werden.

 

Ein typisches Beispiel ist Bier in einer Kunststoffflasche, das im Drehverschluss einen Sauerstoffabsorber enthält. Die Haltbarkeit verlängert sich dadurch von drei auf sechs Monate.  Ein weiteres Beispiel sind Folienverpackungen mit Ethylenabsorbern. Das Reifungshormon Ethylen wird während der Lagerung des Lebensmittels absorbiert und sorgt so für längere Haltbarkeit.

Intelligente Verpackungen 

 

Intelligente Verpackungen sind Verpackungen, die einen Zusatznutzen aufweisen, der über die reine Verpackungsaufgabe hinausgeht. Die „Intelligenz“ der Verpackung ergibt sich im Wesentlichen aus der „Kommunikation“ mit der Außenwelt.

Der Zusatznutzen kann Diagnostik- und Indikatorfunktionen beinhalten, die mithilfe von Indikatoren bzw. Sensoren den Zustand des Füllgutes überwachen und Informationen über z. B. Dichtheit, Lagerdauer, Temperatur oder Frische liefern. Die Indikatoren bzw. Sensoren können alternativ in der Verpackung integriert sein, an der Außenseite platziert werden oder sich im Verpackungsinneren befinden.

Handel und Verbraucher:innen erkennen aufgrund dieser integrierten Frische- und/oder Zeit/Temperatur-Indikatoren, ob ein kritischer Grenzwert überschritten wurde. So weist etwa eine Farbänderung der Verpackung auf die Unterbrechung der Kühlkette, eine undichte Verpackung oder eine unerwünschte Vermehrung von Salmonellen hin. 

Darüber hinaus erfüllen intelligente Verpackungen durch z. B. Barcodes, LEDs, Augmented Reality, NFC, Lautsprecher, Funkchips oder Displays auch Informations-, Automatisierungs-, Marketing- oder Schutzfunktionen. Ein Beispiel sind intelligente Medikamentenverpackungen mit eingebauten RFID-Chips,  LEDs und winzigen Lautsprechern, die die Pillenentnahme registrieren und bei falscher Einnahme Alarm schlagen oder sogar den behandelnden Arzt informieren. Ebenso Verpackungen mit NFC-Chips, die mittels eines NFC-Lesegeräts (z. B. Smartphone) das Vorlesen des Beipackzettels und die Nachbestellung des Medikaments ermöglichen.

Das sogenannte Extended Packaging bietet Smartphone-Usern zusätzliche Produktinformationen zu Herkunft, Produktionsbedingungen oder Inhaltsstoffe. Durch das Scannen von Barcodes oder RFID-Chips  können die Informationen in Verbindung mit einer passenden App im Internet aufgerufen werden.

Gleichzeitig ist diese Technologie natürlich auch  für Logistik- und Marketingzwecke einsetzbar.  So kommen  etwa bei der Flasche von Johnnie Walker Blue Label extrem dünne elektronische Sensoren zum Einsatz, die übertragen, wann die Flasche geöffnet wurde, oder wo in der Vertriebskette sie sich gerade befindet. Zusätzlich kann Diageo Promotionangebote hochladen, solange die Flasche im Laden steht. Sobald der Sensor jedoch anzeigt,  dass die Flasche geöffnet wurde, werden die Informationen mit Cocktail-Rezepten ausgetauscht.

Einen Schritt weiter gehen Verpackungen, die mit Augmented-Reality-Elementen ausgestattet sind. Oft werden darunter Visualisierungen verstanden, die reale Bilder auf Smartphone oder Tablet virtuell ergänzen. Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Bereits realisiert wurden virtuelle Rundgänge, Gewinnspiele, virtuelle Themenwelten oder Bedienungsanleitungen, die beim Fotografieren oder Filmen eines Produkts auf der Verpackung erscheinen.

Das britische Unternehmen Novalia druckt beispielsweise bereits Tastaturen auf einem speziellen Papier aus, das einen Bluetooth-Chip enthält. Eine praktische Anwendung dafür wurde in einer Broschüre für einen Audi TT realisiert. Die Broschüre „kommuniziert" mit dem Smartphone und ermöglicht so einen realitätsnahen Eindruck des Cockpits:

 

Mit ähnlichen Techniken spielt Novalia bereits auch Musik auf Postern ab oder verwandelt Vinyl-Alben in DJ-Pulte, sodass sich Käufer die Musik bereits über die Hülle anhören können. Praktische Anwendungen in der Logistik wären „sprechende“ Pakete oder Paletten, die Informationen zu Transport und Lagerung geben.

Smart Packaging ist ein Wachstumsmarkt

Smart Packaging steht noch am Beginn seiner Entwicklung, das Potenzial ist jedoch immens. Die Technologie für smarte Verpackungen ist zwar in vielen Bereichen bereits vorhanden, der massenhafte Einsatz scheitert allerdings bislang noch an den hohen Herstellungskosten. 

An einem effizienteren Fertigungsverfahren arbeiten derzeit etwa Forscher:innen der Fraunhofer-Einrichtung für Modulare Festkörper-Technologien (EMFT), die sensorische Label bestehend aus flexiblen Siliziumchips und modernen Folien entwickeln, wobei beide Elemente durch ein rationelles Rolle-auf-Rolle-Verfahren aufeinander gebracht werden.

Einer Studie der Organic Electronics Association zufolge dürfte die druckbare Elektronik ab 2021 soweit sein, kostengünstige Fertigungen für die Massenproduktion anzubieten. Analysten des Marktforschungsunternehmen IDTechEx  schätzen, dass der weltweite Umsatz von Verpackungen mit gedruckter Elektronik von derzeit 75 Mio. bis zum Jahr 2023 auf 1,45 Mrd. US-Dollar steigen wird. Für alle Formen von smarten Verpackungen erwarten die Analysten von MarektsandMarkets im Jahr 2020 einen Umsatz von 40 Mrd. US-Dollar.

Dieser Entwicklung folgt auch das DIN-Institut, das mit der  ÖVE/ÖNORM EN 62899-1 bereits an einem Entwurf für gedruckte Elektronik arbeitet. Auch auf internationaler Ebene entwickeln Spezialisten im Rahmen des IEC Standardisierungen, sodass der Einführung druckbarer Elektronik im Massenmarkt mittelfristig nichts mehr im Wege steht.

Logistik als Innovationstreiber

Die innovativen Präsentations- und Vertriebswege durch smarte Verpackungen, haben zu einer umfangreichen Neubewertung der gesamten Logistikkette in der Verpackungsindustrie geführt. Die intelligenten Verpackungen erhöhen einerseits den Digitalisierungsdruck im Transportwesen, schaffen jedoch andererseits neue Interaktionsmöglichkeiten, die auch der Logistik dienen. Trendforscher wie Peter Wippermann erwarten in nächster Zukunft allerdings noch kein allzu großes Angebot an intelligenten Verpackungen in den Regalen und schreiben der Logistik als Inkubator des Smart Packaging eine Vorreiterrolle zu:

 „Smart Packaging wird nicht aus dem Marketing heraus entstehen, sondern die Folge automatisierter Logistikprozesse im Internet of Things sein“, meint Wippermann. 

Letztlich ist Smart Packaging als ein Baustein auf dem Weg zur Industrie 4.0 in der Verpackungsindustrie zu sehen. Das lückenlose Verfolgen des Transportweges in Echtzeit (Track & Trace) gehört heute schon zum Repertoire digitaler Anwendungen in der Logistik. In Zukunft werden RFID-Chips und ähnliche innovative Technologien die Möglichkeiten des Smart Packaging bis auf die Ebene der einzelnen Ware ausdehnen.  

Smart Packaging aus Verbrauchersicht

Die Innovationsentwicklung im Bereich Smart Packaging eröffnet in Zukunft vielfältige Möglichkeiten, Konsument:innen zu erreichen und ihre Bedürfnisse zu verstehen. Wie steht es aber mit der Bereitschaft von Verbraucher:innen, diese Technologien auch zu nutzen?

Expert:innen sind sich grundsätzlich darin einig, dass der Informationsbedarf der Verbraucher:innen weiter steigen wird und „kommunizierende“ Verpackungen bei Konsument:innen gut ankommen werden. Das bestätigt auch die Mindshare Studie „Everyday Connects“: Die Bereitschaft zur Nutzung smarter Verpackungen ist sehr hoch – allerdings unter der Prämisse einer einfachen und schnellen Interaktion. Hierzu bietet sich vor allem Smartphone an, allerdings am besten ohne Vorab-Installation einer App.

Noch besser sind smarte Verpackungen, die komplett ohne Zusatzgerät, also auch ohne Smartphone, auskommen. Genau diesen Ansatz verfolgt das Chemnitzer Unternehmen Saralon, das funktionale Tinten entwickelt hat, die in Verbindung mit  weiteren elektrotechnischen Bestandteilen gedruckte Batterien, Displays und Sensoren direkt auf der Verpackung ermöglicht. Damit entfällt auch die gesamte IT-Infrastruktur, die zum Auslesen erforderlich ist. Smarte Verpackungen dieser Machart sind daher auch weniger angreifbar, einfacher und somit auch kostengünstiger.

Die Frage der Entsorgung

Nach Expert:innenansicht ist die Frage der Entsorgung smarter Verpackungen noch unzureichend geregelt und stellt daher auch noch eine gewisse Hürde dar. Denn Verpackungen mit Elektronikelementen sind als Elektronikgeräte zu bewerten. Aufgrund ihrer eigenständigen elektronischen Funktion würden sie unter das Elektro- und Elektronikgesetz fallen. Da dieses höher einzustufen ist als die Verpackungsordnung, ist die Entsorgung über den Hausmüll problematisch.  Hersteller:innen müssten daher spezielle Kennzeichnungen vornehmen.

Fazit: Smart Packaging als Mittel zum Zweck

Die digitale Transformation hat auch die Verpackung erfasst. Der Einsatz smarter Verpackungen sollte sich jedoch nicht in erster Linie an Trends und Imagepflege orientieren, sondern den Nutzen für das Unternehmen selbst und die Kund:innen in den Mittelpunkt stellen. Das Potenzial und der Zusatznutzen innovativer Verpackungen soll sowohl für Verbraucher:innen, als auch Hersteller:innen und Händler:innen profitabel sein.